Mit Zorro auf der Hacienda in Mexiko
In Mexiko prallen viele Welten aufeinander. Die Welt der Maya in Mexiko habe ich euch schon gezeigt. Nach den Maya kamen die spanischen Eroberer, sie vermischten sich mit dem Indio-Volk, brachten ihre Bischöfe, ihre Kruzifixe und ihre Sprache mit ins Land. Sie hinterließen ihre Spuren in der Neuen Welt, bauten Siedlungen und Haciendas (ich liebe dieses Wort).
Nach den spanischen Eroberern kamen kluge Tourismus-Marketingstrategen, die die alten Haciendas zu individuellen Unterkünften umbauten und welcher an Sinneseindrücken völlig überflutete Tourist und von Luxusbunkern gelangweilte Urlauber würde nicht einmal gerne den Hauch kolonialer Gutsherrenschaft spüren, hat was, oder?
Ein Beispiel für so eine Hacienda aus dem späten 19. Jahrhundert lernen wir auf unserem Weg von Uxmal nach Merida kennen. Yaxopoil, heißt das gute alte Stück, dessen Namen unaussprechbar ist. Wir passieren das Tor und treten ein in ein Stück Spanien, in der die Frauen noch lange schwarze Kleider trugen und ihre Haare am Hinterkopf zu einem schweren Dutt geknotet haben während die Männer plumpe Stoffhosen bis zu den Achselhöhlen und Schnurbärte trugen. „Ein doppelter Torbogen“, sagt Reiseleiterin Alexandra, „bedeutet, dass der Gutsherr 2.000 Rinder sein Eigen nennen konnte“, eine beträchtliche Anzahl.
Wir schlendern weiter zum Eingang des Haupthauses, das heute ein Museum ist. Ein uralter mit Falten überzeichneter Mann sitzt auf einem ebenso alten Holzstuhl und kassiert die Eintrittsgelder. Er ist der einzige Mensch hier, wie es scheint. Ich schaue mich derweil in den Innenräumen um, der Staub an den Wänden und den Holzmöbeln scheint so alt zu sein, wie dieses Land, auf dem die Hacienda errichtet wurde. Die Fotos und Gemälde an den Wänden so vergilbt, dass an den Gesichtern meiner Reisegruppe abzulesen ist, dass hier niemand wirklich Bock hat, diese Räumlichkeiten näher zu besichtigen. Verfall, wo man hinschaut, der Putz bröckelt von den Wänden. Hergerichtet für den verwöhnten Blick des Touristen wurde hier gar nix. Dabei macht das gerade den Reiz aus, man mag es authentisch nennen, ok ich bin ein Marketingfuzzi von Beruf, aber nach dem zweiten Raum ist er vielleicht beim einen oder anderen übergesprungen, der Funke, der Charme, den diese Räumlichkeiten ausmachen. Atemberaubend ist anders, Luxus auch, aber authentisch und charmant, ist es. Denn alles wirkt, als hätte die Gründerfamilie gerade den mit floralem Porzellan bedeckten Mittagstisch mit den selbstgehäckelten Tischdecken verlassen, um mal kurz in den Garten zu flanieren oder in einem der wackligen Schaukelstühle Siesta zu halten. Es wirkt als wäre alles so an Ort und Stelle wie einst als dieses Haus noch von Menschen belebt war und das Brüllen der Rinderherde von Weitem zu hören war. Original Haciendastyle, der Federhalter, die Wirtschaftsbücher und der Nachtopf, gehörte dem letzten Gutsherrn von Yaxopoil Don Donaciano García Rejón und sonst niemandem.
Der Gutsherr in Reiterpose vor seiner Sisalplantage. Stattlich. Der Don.
Die beiden Gäule auf der Weide hinter dem Haupthaus mögen eher Symbolcharakter haben, als wären sie von Don Irgendwer hierher platziert worden, damit wir ein Foto schießen und erzählen können, wie es war, auf so einer echten Hacienda mitten in Mexiko. Aber schwelgen wir doch ein bisschen durch den Arkadengang und stellen uns vor wie eine junge hübsche Senora ihren Fächer in der Mittagshitze schwang und mit verträumten Blick zu dem Caballero bei der Rinderherde hinüberblickte – in mir steigt ein bisschen Zorrofeeling mit Cathrine Zeta Jones und Antonio Banderas auf oder dreht einfach gerade meine Fantasie mit mir durch?
Jedenfalls mangelte es der reichen Besitzerfamilie auf ihrem Sommersitz an nichts, ob Swimmingpool oder Gebetskappelle, es war alles vorhanden, was so ein Gutsherrendasein brauchte.
Die Hacienda lebte im ausgehenden 19. Jahrhundert von der Sisalherstellung (Fabrikgebäude).
Drüben steht das Fabrikgebäude. Die Hacienda war ein führender Betrieb der Sisalherstellung, die Mexiko zur Zeit der ersten Industrialisierung zu wirtschaftlicher Blüte verholf. Sisal wird aus den Blättern der Agave hergestellt und für Seile, Garne, Hängematten, Teppiche, etc. verwendet. Schon die Maya haben die Sisalfaser für die Herstellung ihrer Hängematten genutzt, die Spanier entdeckten das Potenzial der Faser und exportierten sie nach Europa. Mit der Erfindung der Kunstfaser verlor die Hacienda ihre wirtschaftliche Grundlage und der Niedergang der Haciendas in ganz Mexiko war besiegelt. Aber anstatt die alten Maschinen zu begutachten, denke ich lieber noch einmal an Cathrine Zeta Jones und Antonio Bandereas und träume meinen ganz persönlichen Mexiko-Zorro-Traum.Hach, schwelg 🙂
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Ich war vor 3 Jahren auch auf dieser Hacienda, du hast es in diesem Bericht so wunderschön beschrieben, dass ich gleich noch mal hinfahren will und ein bisschen von Zorro träumen;-)