Die Karen Langhalsfrauen aus dem Karen Volk gelten seit jeher als exotische Faszination. Ich gebe es zu, auch mich haben die Frauen, die sich schwere Messingringe um den Hals legen, schon immer fasziniert. Als Kind habe ich einmal einen Artikel über die Langhalsfrauen gelesen und seitdem wollte ich einmal in den Norden Thailands reisen, um diese Bergvölker von Thailand zu besuchen. Einfach, weil ich mich für Kultur interessiere, für Schönheitsideale und für exotische Lebenswelten.

Karen Langhalsfrauen: Bergvölker in Nordthailand

Karen Langhalsfrauen bei Chiang Rai

Die Dorfälteste Karen Langhalsfrau hat die meisten Ringe um den Hals und den längsten Hals. Sie hat sogar schon einige Fernsehauftritte hinter sich „she is the star“, sagte unsere Reiseführerin.

Die Karen Langhalsfrauen sind ein Bergvolk, das im Norden Thailands an der Grenze zu Myanmar lebt. Sie kommen bis heute als Flüchtlinge aus dem benachbarten Myanmar, dem früheren Burma und suchen eigentlich Schutz im idyllischen Norden von Thailand. Doch stattdessen werden sie hier von der Tourismusindustrie vermarktet und als Attraktion zur Schau gestellt. Man tut in Thailand so, als haben diese Bergvölker schon immer hier so gelebt. Das Flüchtlingshilswerk der UNO, UNHCR, beschrieb die Karen Dörfer 2008 als Menschenzoo und genauso fühlt sich ein Besuch in einem jener Schaudörfer auch an. Natürlich wusste ich das nicht, bevor ich den Ausflug, zu dem auch der Besuch eines Karen-Dorfes gehörte, buchte, also zumindest stellte ich es mir nicht so krass vor. Ich stellte mir ein Dorf mit einer authentischen Struktur vor. Stattdessen werden hier die Reisebusse im Minutentakt durchgeschleust. Pro Person sind 300 Baht (ca. 6 Euro) „Eintritt“ in das Dorf fällig, abkassiert von den Reiseveranstaltern (zum Vergleich: der Eintritt in den Wat Doi That Suthep, einem der schönsten Tempel im Norden von Thailand kostet 80 Baht). Ob die Karen Langhalsfrauen je was von diesem Geld sehen, weiß ich nicht, wenn dann nur ein Bruchteil davon. Das Dorf ist in Wirklichkeit kein Dorf, eher ein Marktplatz. Die Ware sind die Frauen, ausgestellt und herausgeputzt und zur Schau gestellt.

Karen Langhalsfrauen Nordthailand

Karen Langhalsfrauen werden wie im Zoo ausgestellt

Unser Guide führt uns durch das Dorf: „ihr könnt ruhig Fotos machen, seid nicht so schüchtern, das macht ihnen nichts aus“, sagt sie zu uns, weil keiner sich traut, seine Kamera zu betätigen und ich auch keine Lust habe ein Foto zu schießen. Ich hasse es Menschen wie im Zoo zu begegnen. Sobald ich Geld bezahle für ein Foto, begebe ich mich in ein Machtverhältnis, das ich eigentlich gar nicht will. Doch den Frauen scheint es wirklich nichts auszumachen, in die Kameras zu lächeln. Es macht den Anschein, sie lächeln uns voller Freude an, vielleicht weil sie nie was anderes getan haben und wissen, was von ihnen erwartet wird.

Karen Langhalsfrauen Nordthailand

Schwere Last auf dünnen Schultern – die Messingringe der Karen Langhalsfrauen sind schwer

Wir dürfen die Ringe anfassen, sie sind wirklich schwer. Ich soll mir einige Spiralen um den Hals legen. Sie drücken schon nach wenigen Sekunden auf mein Schlüsselbein. Ein unangenehmes Gefühl und ich mag mir gar nicht ausmalen, welche Schmerzen die Frauen leiden, wenn sie die Ringe dauerhaft tragen. Ab dem dritten Lebensjahr werden kleinen Mädchen schon Messingringe um den Hals gelegt. Im Laufe der Lebensjahre kommen immer mehr dazu. Bis zu 35 Ringe trägt die Dorfälteste. Ein Gewicht von 10 Kilogram, das die Frauen auf ihren Schultern tragen müssen, jeden Tag, 24 Stunden lang. Unser Guide erzählt, dass es nicht stimmen würde, dass die Frauen sich die Halswirbel brechen würden, wenn sie die Ringe abnehmen würden, dass sie die Ringe durchaus abnehmen, um sich zu waschen. In der Tat ist es so, dass die Halswirbel zwar nicht gebrochen werden, die Muskeln sich nachbilden können, aber die Rippen und Schlüsselbeine nach unten gedrückt werden, so dass die Frauen für ihr Leben lang deformiert sind. Es ist ein Schönheitsritual, ebenso wie den Frauen im alten China die Füße eingebunden wurden, afrikanischen Frauen die Klitoris abgeschnitten wird und so wie Frauen sich bei uns in Stöckelschuhe und BHs zwängen, die auch nicht bequem sind und ebenso Haltungsschäden verursachen. All das tun sich Frauen an, um einen Ehemann zu finden. Sie zwängen ihre Körper ein, um ihre Bewegungsfreiheit einzuschränken. Evolutionsbilogisch hat das nur einen Sinn: wer sich nicht gut bewegen kann, kann seinem Mann auch nicht davonlaufen.

Karen Langhalsfrauen als Tourismus Attraktion vermarktet

Karen Langhalsfrauen Nordthailand

Karen Langhalsfrauen Nordthailand

„Wo sind die Männer?“ frage ich. Die sind arbeiten, heißt es nur. Die Männer der Karen-Frauen haben es auch nicht leicht. Wie müssen sich Männer fühlen, die eigentlich keine Daseins-Berechtigung mehr haben? Im Dorf sollen sie sich nicht blicken lassen, denn da sind ihre Frauen die Attraktion. Diese ernähren auch die Familie mit dem Geld, dass sie hier verdienen, in dem sie ihre handgeknüpften Waren an mitleidige Touristinnen verkaufen. Das ist weit mehr, als Männer mit einfacher Feldarbeit verdienen können. Zuhause habe ich recherchiert. Die traurige Wahrheit ist, dass die Männer sich einst als Mahouts, also als Elefantendompteure, behaupteten oder als Feldarbeiter. Mittlerweile verspielen sie ihr Monatseinkommen und betrinken sich. Was Männer halt so tun, wenn sie frustriert sind. Der Tourismus vermarktet nun mal nur die Frauen mit ihren langen Hälsen.

Karen Langhalsfrauen Nordthailand

Schon kleinen Mädchen werden die schweren Messingringspiralen um den Hals gelegt um diesen zu strecken. Posen als Fulltimejob – schon für die jüngsten.

Mir fällt auf, dass die Frauen extrem hübsch sind. Also selbst in den Großstädten wie Bangkok oder Chiang Mai sind mir nicht so viele hübsche Frauen vor die Augen gekommen. Und alle blutjung. 18, sagt mir ein Mädchen als ich sie nach ihrem Alter frage. Mit dieser Erkenntnis habe ich den letzten Funken Hoffnung verloren, dass es sich hier um ein echtes Karen-Volk handelt. In mir macht sich der Verdacht breit, dass man hier die schönsten Mädchen des Landes gecastet hat, um sie hier im Menschenzoo auszustellen. Thailands Next Top Karen Model sozusagen. Vielleicht werden sie auch mit Bussen morgens hier her gefahren, zum „Arbeiten“ wie manche aus meiner Reisegruppe vermuten. Schade. Authentischer Tourismus sieht anders aus. Es wäre alles interessanter, wenn man ein echtes Karen-Volk zeigen würde, ihren Alltag und in ihren normalen Kleidern und nicht in den Kostümen, die sie nur tragen, wenn die Reisebusse die Straße heraufrollen. Dieser Besuch des Karen-Dorfs ist ein echter Reinfall und für beide Seiten kein Gewinn, weder für die Touristen noch für die Karen Langhalsfrauen. Die einzigen Gewinner sind die Touroperator, die abkassieren. Der Besuch ähnelt sehr, dem Besuch des Massai-Dorfes in Tansania, doch da konnte ich wenigstens noch einen Blick in eine Schule und in eine Hütte werfen, aber in diesem Karen-Dorf werden auf unwürdigste Weise Frauen zur Schau gestellt, um Profit zu machen. Die Ware Frau als Thailands Exportschlager No.1. Und dies wird auch noch als Kultur international vermarktet.

Karen Langhalsfrauen Nordthailand

Ich bin Zwiegestalten: einerseits interessiere ich mich für Land & Leute, auf der anderen Seite fühlt es sich an wie im Menschenzoo.

Ich weiß nicht recht, wie ich mich künftig dazu verhalten soll. Auf der einen Seite will man Land und Leute kennenlernen und auch was von den Traditionen der Minderheiten erfahren, auf der anderen Seite fühlt man sich einfach nur total schlecht, wenn man Menschen begaffen soll wie im Zoo. Wie seht ihr das? Schreib mir deine Meinung dazu in die Kommentare.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Mein Unterkunftstipp für Chiang Mai

Meine Thailand Tipps

 

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