Rügen Teil IV: Wellness für die Sinne – eine Kreideerfahrung

Am vierten Tag hat der Herbst auch Rügen erreicht. Ein sachter Nieselregen hindert mich auf meinem Weg zu meinem liebgewonnenen Strandkorb. Macht nix, ich habe so viele Bekannte, die zu bekennenden Sylt-Urlaubern zählen und die behaupten immer: auf Sylt gibt es kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung. Und was für Sylt gilt, gilt auch für die ostdeutsche Insel Rügen. Trotz Nieselregen ziehe ich heute in die andere Richtung des Strandes los, begebe mich auf Erkundungstour durch das bewaldete Ufer und entdecke Steinhäufchen. So fängt der Tag schon mit ein bisschen Zen-Philosophie an.

Wie betrunken von der frischen Luft, schlendere ich am Mittag zurück ins Hotel. Nach Kaffee und Kuchen, (ich finde so ein Urlaub wie für Rentner geschaffen ist auch für gestresste Mitt-Dreißiger gar nicht so schlecht, ich könnte mich jedenfalls an diesen Tagesablauf gewöhnen) mache ich mich mit Frotteebademantel und Hotelbadelatschen auf in den Wellness-Bereich.

Sauna, Schwimmbad und Aroma-Öl-Massagen habe ich mir bereits in den vergangen drei Tagen gegönnt. Heute steht ein Kreidedampfbad auf meinem Wellness-Programm. Die Kreide, wofür Rügen schließlich berühmt ist, soll wohltuend für den Körper sein. Ein Kreidedampfbad wirkt als Wärmetherapie gegen rheumatische Erkrankungen wie z.B. Ischias, die Kreide wirkt durchblutungsfördernd, sie entzieht dem Körper Gifte und ist gut für alle Hauterkrankungen. Also genau das Richtige für mich. Ich lasse mich von der Spa-Angestellten Anita von oben bis unten mit der gräulichen aber feinkörnigen Kreide beschmieren, jeder Zentimeter meiner Haut wird mit dem Kreideschlamm einbalsamiert. Als Kreidemohr sehe ich ziemlich lustig aus, Anita lacht und erzählt, dass die heilsame Wirkung der Kreide seit den 1920er Jahren genutzt wird. Die Kreide fühlt sich wider Erwarten streichelzart auf meiner Haut an. Das ganze soll jetzt 20 Minuten im Dampfbad einwirken, die Wärme öffnet die Poren der Haut und somit kann die heilende Kreide besser eindringen. Schließlich spritzt mich Anita mit einem kalten Wasserschlauch ab. Hach, herrlich wohltuend, ich fühle mich wie neugeboren.

Vielleicht ist das mit der Kreide ja nur ein Touristengag, aber irgendwie bilde ich mir ein, dass meine Haut jetzt wunderbar rosig und frisch aussieht. Wer nach Rügen reist, sollte sich ein Kreidebad gönnen, schließlich ist die Ostseeinsel als einziger Ort Deutschlands für seine Kreide berühmt. Ich trinke noch ein Glas Rotwein und schlafe richtig gut erholt ein.

Fazit: Meine Wellness-Kur auf Rügen war sehr erholsam. Und jetzt erkläre ich euch noch, was Caspar David Friedrichs Kreidefelsen mit einem machen.

Rügen ist für seine Kreidefelsen berühmt. Genauso berühmt wie die Kreidefelsen selber ist aber das Gemälde Kreidefelsen von Caspar David Friedrich aus dem Jahr 1818. Vielleicht sind die Kreidefelsen von Rügen auch nur wegen diesem Gemälde so berühmt. Fakt ist, dieses Gemälde gehört zu Rügen wie die Felsen selbst und so hängt es als billiger Druck an jeder Ecke. Wer sich nach Rügen begibt, setzt sich völlig unbewusst mit diesem Gemälde, das aus der Epoche der Romantik stammt,  auseinander, denn Caspar David Friedrich hat auch nichts anderes empfunden als wir heute, die wir nach Rügen reisen, er hat seine Poesie nur als Aquarell verpackt und wurde berühmt damit. Und bei diesen Naturaufnahmen ist es auch kein Wunder, dass man sich ein bisschen in melancholische Träumereien flüchtet, oder?

Rügen Teil I: Ruhe für die Seele – zwischen Bäderarchitektur, Kreidefelsen und Strandkörben

Rügen Teil II: Ein nostalgischer Traum in weiß – die Binzer Bäderarchitektur

Rügen Teil III: Das Meer, ein Strandkorb und ein Piccolo