Langlaufen im Biathlonzentrum Oberhof im Thüringer Wald
Ich sitze wieder einmal im Zug. In der Regionalbahn von Eisenach nach Oberhof. An mir zischen Orte mit seltsamen Namen, wie Fröttstädt, Sülzenbrücken oder Seebereen vorbei. Es hört sich anders an. Anders als sich die Orte daheim anhören. Vor mir unterhalten sich zwei Girlies über Beziehungen und hinter mir starrt mich die ganze Zeit ein Jugendlicher an als wäre ich Heidi Klum oder so. Ich starre dagegen nur aus dem Fenster und schaue mir die Landschaft in Thüringen an und ich warte gespannt auf den nächsten komisch klingenden Ortsnamen. Das ist es wohl, was das Reisen ausmacht, dass man auf so banale Dinge wie Ortsnamen achtet, ja das man überhaupt wieder aufmerksam wird und die Dinge in der Umgebung wieder wahrnimmt. Genau dass, macht für mich das Reisen aus.
Am Fenster zieht die Weite eines Landes an mir vorbei. Dann fahre ich durch einen Tunnel, danach ist verwandelt sich die Weite in schneebehangene tiefdunkle Wälder. Der Blick zurück zu dem Tunnel erinnert mich an die Merklin-Eisenbahnanlagen, die mein Bruder sich früher im Haus aufgebaut hat. Ich bin im Nirgendwo gelandet. Genauergesagt heißt der Ort, an dem ich aussteige, Oberhof und ist kein Nirgendwo, sondern ein ziemlich bekannter Ort. Weltbekannt sogar durch seine Weltcups im Langlauf- und Biathlonwettkampf. Dennoch bin ich die Einzige hier, an diesem gottverlassenen Bahnhof.
Es ist eiskalt hier in diesem Nebelwald. Wir sind immerhin auf 800 Meter Höhe, kaum zu glauben. Ich rufe mir ein Taxi per Telefon. Die Taxinummer steht am Bahnhofsgebäude. Und wenig später trudelt es schon ein. Das funktioniert ja schon mal sehr gut. Die Taxifahrerin freut sich, dass sie mich zur Skihalle in Oberhof fahren darf. Viele Touristen fahre sie her, die kommen, einfach nur, um sich die Skihalle anzuschauen, sagt sie. Die DKB Skihalle in Oberhof ist die einzige Langlauf- und Biathlonskihalle in Deutschland. Hier trainieren Spitzensportler, derzeit wird der Biathlon Worldup 2015 dort ausgetragen. Ich will mir die Skihalle nicht nur anschauen. Ich werde heute hier zusammen mit einer Biathlon-Trainierin trainieren oder sagen wir eher, ich mache meine ersten Versuche auf Langlaufskiern.
Langlaufen in der DKB Skisporthalle in Oberhof im Thüringer Wald
Leider hat es in der Nacht geregnet, erzählt die Taxifahrerin, die ganze letzte Woche waren die Schneeverhältnisse super, jetzt ist der Schnee nass und matschig. Daher muss mein Langlauf-Training doch in die Skihalle verlegt werden und findet nicht in der herrlichen Umgebung des Thüringer Wald auf dem „Rennsteig“ statt. Der Rennsteig ist ein ziemlich schöner Höhenwanderweg, auf dem man im Winter super Langlaufen kann.
Ich leihe mir die Skier im Sportzentrum aus, um mich herum lauter eifrige Langläufer. Als ich mir die Langlaufski anschnalle und mich fortbewegen will, stelle ich fest: es ist merkwürdig. Ich muss mich erst an die Halterung gewöhnen, anders wie beim alpinen Ski, ist die Ferse nicht in der Halterung verankert. Das fühlt sich erstmal komisch an, finde ich jedenfalls. Ein paar Schritte weiter denke ich dann: Langlaufen ist als schwebe man über den Schnee.
„immer schön in der Loipe bleiben“
„Immer in der Loipe bleiben“, mahnt mich die Trainerin, die vor ihrem Studium selbst Leistungssportlerin war. Ich will nicht in der Loipe bleiben, ich will endlich fahren, wo ist ein Hügel, denke ich. Die Loipe ist eine tiefe Furche im Schnee, auf der ich balancieren muss, wie auf einem Schwebebalken, um auf den schmalen Skiern nicht umzukippen, jedenfalls fühlen sich meine ersten Langlaufversuche so an. Dann darf ich richtig los. Die DKB Skihalle bietet auf 2 Kilometern Länge Abfahrten von bis zu 12 % an. Ehrlich gesagt, da habe ich nicht gerade Höhenangst bekommen. So schnell wie man den Hügel unten ist, so schnell geht es auch schon wieder hoch und diese Höhe muss man sich beim Langlaufen ja selbst erlaufen. Ganzjährig herrscht eine Temperatur von -4 Grad in der Halle, so können die Spitzensportler auch im Sommer hier trainieren.
Langlaufen ist als schwebe man über den Schnee
Nach einer Stunde bin ich total verschwitzt, Langlaufen ist ganz schön anstrengend, stelle ich fest. „Ja“, sagt meine Trainerin. Es ist ein Ganzkörpertraining und weit anstrengender als alpines Abfahrtskifahren. Ich könnte mir gut vorstellen, meine Langlaufversuche in Zukunft auszudehnen, denn es ist wirklich anstrengend und macht Spaß. Die Voraussetzung wäre allerdings, dass es in der Landschaft stattfände, denn die Runde in der Halle ist man schnell abgefahren, der Rennsteig dagegen wäre 170 km lang! Soviel schöner wäre es unter den herrlichen Tannenbäumen des Thüringer Waldes gewesen. Aber gut, gegen das Wetter kann man natürlich nichts machen. Ich kann mir aber vorstellen, künftig eher Langlauf als Abfahrt Ski zu fahren, weil ich ein Ski-Angsthase bin und nie richtig Skifahren gelernt habe und seit Jahren nicht mehr auf Skiern stand.
Ich verlasse Oberhof auf dem selben Weg wie ich gekommen bin. Ich rufe wieder meine Taxifahrerin an „ah, Sie sind die Frau, die ich vorhin schon gefahren bin“ – ich weiß nicht, aber dieser Satz hat mich an diesem Tag so gefreut, vielleicht weil die Taxifahrerin sich wirklich freute mich zu fahren oder vielleicht weil ich froh war, das man selbst im verlassensten Ort nicht verlassen ist. „Und wie wars?“ will sie wissen. Sie war der netteste Mensch, der mir hier begegnet ist und als sie mich absetzt, wartet tatsächlich eine Horde Senioren am Bahnhof, die sich die DKB Skihalle in Oberhof einfach nur mal anschauen wollen.
Vielen Dank an Tourismus Thüringen für die Einladung zum Skilangläufen in der DKB Skisporthalle in Oberhof im Thüringer Wald.
Das klingt ja spannend! Ich habe vor rund einem Jahr ein paar Langlaufski gekauft und wenn es mal ein Weilchen schneit kann ich sogar vor der Haustüre loslaufen. Die Halle klingt aber auch ganz lustig 😀
Liebe Grüße
Anika von MISS ANNIE
In welcher Region ist Deine Haustür? Miss Annie?
Damit hattest Du mich schon voll im Text „…dass man auf so banale Dinge wie Ortsnamen achtet…“ 🙂 Das geht mir ganz genau so, vor allem (oder vermutlich nur) im Zug. Schöner Artikel! Das mit dem Langlauf will ich jetzt auch unbedingt gleich machen. Jetzt! Sofort! 🙂
Weiter so!
LG,
Jan
vielen Dank, Jan. Probier es einfach mal aus! Es ist toll immer wieder mal neue Dinge auszuprobieren! 🙂
LG Nicole
Hey Nicole, ich habe auch vor ein paar Jahren mit Langlauf angefangen – ich bin allerdings gleich mit Skatingskiern gestartet, auch wenn man das Anfängern meist nicht empfielt, weil man als Ungeübte einfach sauviel Kraft braucht. Ich habe das alledings nicht bereuht, weil das schließlich die Technik ist, die ich fahren möchte und dann ist es einfach doof sich Skier zu kaufen und erst klassisch zu lernen… Ich war auch schon in der Skihalle in Oberhof trainieren, was ich für die Technik perfekt finde. Auf dem Rennsteig kann man eben Höhen und Tiefen nicht so gut abschätzen – auch wenn der verschneite Thüringer Wald natürlich ein Traum ist. Ich hab auch auf dem Blog schon drüber geschrieben, wenn du gucken magst. 😉
Liebe Grüße, Jana
Hallo Jana,
ich glaub bei mir waren es auch Skatingskier, aber ich bin mir nicht mehr sicher. Ja, das hat meine Trainierin auch gesagt, dass man das im „freien Gelände“ nicht gut abschätzen kann, aber das macht es halt auch interessanter. Ich fand die Halle ok, um mal auszuprobieren, aber man hat die Runde halt auch schnell abgefahren. Mal schauen, vielleicht habe ich ja nochmal die Gelegenheit, es auszuprobieren! 🙂
viele Grüße
Nicole