Mannheim: Zwischen Quadraten und Schlössern
Mannheim – das klingt so interessant wie Hinterhofheim oder so ähnlich. Hab ich auch gedacht. Deswegen kannte ich von Mannheim bisher auch nur den Bahnhof auf der Durchreise oder die Lieder der Mannheimer Söhne. Die Uni soll einen guten Ruf genießen, für Betriebswirtschaftler, ja –und? Was hatte mich das zu interessieren? In Mannheim auszusteigen, lohnte sich das? Ich hab`s mal ausprobiert und war ganz überrascht, dass Mannheim auch ein Schloss hat, das sich in der Tat sehen lassen kann und ich sage das, nachdem ich grade in Wien Schloss Schönbrunn besic htigt habe! Weniger bekannt als die Mannheimer Söhne ist nämlich, dass der Mannheimer Hof als kleines Versailles der Kurpfalz durchgehen könnte.
Es ist alles ein bisschen weniger hektisch als in einer Großstadt, das merke ich schon am Bahnhof. Und weniger international, denn unter all den Stimmengewirren, die einem in einer Stadt immer um die Ohren schlagen, stößt mir hier nur der Mannemmer Dialekt entgegen. Ala gut. Ich schlendere einfach mal los, irgendwie grade aus durch die Innenstadt, ich werde schon irgendwo ankommen, der Weg ist mein Ziel. Doch es geht von N2 zu P1 nach A. Was sich jetzt wie Matheunterricht anhört, ist die Einteilung in Quadrate anstelle von Straßennamen. Und weil das wirklich außergewöhnlich in Deutschland ist, wird Mannheim auch die Quadratstadt genannt.
Irgendwie hat mich der Weg dann auch zum Schloss geführt und ich bin wirklich erstaunt, dass ich nicht wusste, was für ein riesiger Palast hier steht – vom Äußeren erinnert es mich an Schloss Schönbrunn und tatsächlich ist das Mannheimer Schloss die zweitgrößte Palastanlage Europas nach Versailles. Wer hätte das in dieser etwas grau anmutenden Stadt vermutet? Das ist mal wieder typisch Baden-Württemberg, hier wird das eigene Licht gerne unter den Scheffel gestellt. Vielleicht liegt Mannheim`s Unbekanntheit aber auch daran, dass die Kurpfälzer nicht so berühmt waren wie der Sonnenkönig von Versailles? Der Ehrenhof des Schlosses zieht mich so in den Bann, dass ich mir ein Eintrittsticket kaufe, das war eigentlich nicht geplant, aber der Überraschungseffekt hat mich überrumpelt. Über 1.000 Räume hatte das Schloss einst, heute befindet sich in einem Trakt die Universität Mannheim. 1720 verlegte Kurfürst Carl Phillip seine Residenz von Heidelberg nach Mannheim und ließ das Barockschloss errichten. Allerdings dauerte die glanzvolle Prachtzeit, in der Kunst, Musik und Wissenschaft gefeiert und gefördert wurden, nur 58 Jahre an. Vielleicht ist auch das ein Grund,weshalb das Schloss nicht wirklich Ruhm und Namen erlangte.
Aus der gleichen Zeit stammt auch die Jesuiterkirche, die mir beim Bummel durch Mannheim ebenfalls ins Auge sticht. In unmittelbarer Nähe finde ich auch den guten alten Schiller, in Stein gehauen natürlich, der 1782 am Mannheimer Nationaltheater die Uraufführung seiner Räuber, feierte. All das fand in der gleichen Zeit statt, in der Mannheim wohl eine kleine aber feine kulturelle Blütezeit erlebte.
Nach einer Stunde sitze ich wieder im Zug, von dort aus erhasche ich noch einen kurzen Blick auf den Container-Schiffhafen. Mannheim ist heute in erster Linie Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt, ein bisschen grau im Winter, ein bisschen klein für Leute aus Frankfurt, aber meine kleine Exkursion hat doch einige interessante Überraschungen gebracht. Ich finde mein Aussteigen hat sich deshalb auch gelohnt.