
Nicole am Start bei einer Oldtimer-Rallye
Oldtimer-Rallye durch Hamburg. Als Kind hab ich den Film Sahara mit Brooke Shields so gern gesehen. Brooke Shields fährt im Oldtimer allein als Frau unter lauter Männern durch die Wüste und erlebt einige Abenteuer. Damals wollte ich ein bisschen wie Brooke Shields sein. Heute ist es weder die Sahara, die auf mich wartet, noch ein stattlicher Araberfürst, der mich in herrliche Oasen entführt oder ein schmuckes Gefährt aus den Roaring Twenties. Aber träumen, das darf man ja.
Ich befinde mich heute am Museumshafen Oevelgönne im schmucken Hamburger Norden und warte auf das mir zugeteilte Gefährt für die heute stattfinde Oldtimer-Rallye durch Hamburg und Umgebung. Die Kulisse hier in Hamburg ist traumhaft und stimmig, um mich herum liegen all die schönen ausrangierten Schiffe: der Eisbrecher Stettin, der Dampfschlepper Woltan und der Feuerlöscher Elbe 3. Mittlerweile trudeln die anderen Fahrer der Oldtimer-Rallye mit ihren Schätzchen ein. Wahre Juwelen versammeln sich hier im Museumshafen und warten auf die Sonntagsausfahrt: ein Bentley, ein Mercedes Cabrio, alte Porsches. Ein Fahrer, der gleich mit zwei Fahrzeugen aus Kiel angefahren kam, erzählt stolz, dass er sich den ersten Wagen dessen Baujahr irgendwo in den 20er liegt, selbst während des Studiums gekauft hatte, den zweiten ein wenig später. Oldtimerfahren, das ist eine Leidenschaft, das sehe ich in seinen Augen und daran, wie die Fahrer sich gegenseitig mit ihren alten Autos bewundern. Man sucht das Gespräch zu anderen Fahrern, um ein bisschen über Baujahre und alte Zeiten zu plaudern.
Ich stattdessen, habe mich ein bisschen zu sehr in meinem Saharafilm verloren, denn als der VW Käfer mit Baujahr 1961 und dem Namen Max vor mir steht und man mir stolz sagt, ich dürfe jetzt einsteigen, fühle ich mich so ganz und gar nicht wie Brooke Shields. Wenn Max ein bisschen wie der Superkäfer Herbie mit der Startnummer 55 aus dem Film, den ich ebenfalls als Kind so gern anschaute, gewesen wäre, aber Max war einfach nur ein alter Käfer, der es irgendwie geschafft hat, seine besten Jahre zu überleben. Dabei finde ich VW Käfer eigentlich süß, sie erinnern mich an meine Kindheit. Neben all den anderen auf hochglanzpolierten Schmuckstücken aus vergangenen Jahrzehnten, die sich am Museumshafen Oevelgönne versammelten, wirkte der eierschalenfarbige Käfer jedoch wie der Tanzpartner, den ich beim Abschlussball einfach stehen ließ. Aber ich steige ein und wir reihen uns mit der Startnummer 14 am Start ein. Als Beifahrerin navigieriere ich und löse die Rätsel, was nämlich ebenfalls Bestandteil der Rallye ist und für mich als nicht Ortskundige durchaus eine Herausforderung. Auf die anderen Fahrern wirken wir trotzdem irgendwie kultig, wie die zwei Damen, in die sie sich damals verliebt haben als sie selbst noch in der 68er Generation steckten und die mit einem VW Käfer über die Alpen düsen, um Urlaub in Rimini zu machen. Die Oldtimer-Rallye ist auch eine kleine Zeitreise in das längst vergessene Tal der Erinnerungen, nur, dass ich diese Erinnerungen selbst nicht habe und nur aus Erzählungen von den Menschen kenne, die diese Jahre selbst erlebt haben.
Insgesamt zuckeln 40 Oldtimer gemütlich die Elbchausee entlang, vorbei durch Hamburgs Villenviertel Altona und Blankenese. Hier wohnen die meisten Millionäre Deutschlands, mit prächtigen Hofeinfahrten und weißgetünchten Villen fahren wir immerhin stilecht an der reichsten Straße Deutschlands entlang. Langsam aber sicher gewöhne ich mich an den 52-jährigen Max, der knatterend seinen Kollegen hinterher düst und dabei eigentlich doch eine ganz gute Figur macht, auch wenn die Gangschaltung ein Kraftakt ist, aber wer sagt schon, dass es mit alten Herren immer so einfach ist?
Der Weg ist das Ziel
Bei so einer Oldtimer-Rallye ist der Weg das Ziel. Sicherlich gibt es auch hier die ehrgeizigen Fahrer, die ihr Navi und ihr Ipad als Hilfsmittel benötigen, um die meisten Punkte zu sammeln. Wir sehen das weitaus entspannter. Im Reed-gedeckten Witthüs im Hirschpark gibt es den ersten Stopp, wir müssen herausfinden, dass sich im klassizistischen Gebäude dahinter eine Balletschule befindet, ich wäre gern für einen Kaffee hier geblieben, um die Ruhe in dem Park zu genießen, aber auf so einer Rallye ist das nicht drin, denn wer will schon als Letzter ins Ziel kommen?
Der nächste Stopp heißt Elbstrand. Bei dem kurzen Spaziergang auf dem Sandstrand zum Leuchtturm Wittenbergen weht mir die frische nordische Luft um die Nase und Urlaubsfeeling kommt auf, wenn meine Schuhe in den feinen Sand einsinken. Der Leuchtturm leuchtet seit 1900 den Schiffen auf der Elbe den Weg und gehört damit zu den ältesten Stahlleuchttürmen. Es gilt herauszufinden, wieviele Möwen auf den Sockel gemalt sind. Wer mal dort ist, zählt mal nach, es würde mich interessieren, was ihr so herausbekommt. Außerdem müssen wir die Fahrwasserbreite der Elbe schätzen, als Nicht-Norddeutsche, verstehe ich nur Bahnhof, aber selbst ortsansässige Spaziergänger können hier nicht weiterhelfen. So eine Oldtimer-Rallye bildet nebenbei auch noch, von wegen gemütliche Sonntags-Spazierfahrt!
Weiter geht`s hinaus nach Wedel an Pferdekoppeln vorbei, wir verfahren uns ein bisschen, haben aber schon bald wieder die anderen Rallye-Teilnehmer in Sichtweite und stellen fest, dass die sich auch nicht leichter tun, im Lesen von Fahrplänen. Es ist wie eine gemütliche Familienausfahrt, man sucht und findet sich, man grüßt sich, man gehört zu den Oldtimer-Freunden. Es geht wieder zurück nach Hamburg, über die Reeperbahn, der sündigen Meile im Stadtteil St. Pauli. Halt an der Davidwache, aussteigen und reingehen. Die Davidwache ist das Großstadtrevier, bekannt aus der ARD, drinnen erklärt ein klatzköpfiger Polizeibeamter einem Typen, der grade bestohlen wurde, dass eine Anzeige wenig Sinn mache. Alles was wir in Erfahrung bringen sollen, ist wie alt das Gebäude ist. Ich war noch nie in meinem Leben auf einer Polizeistation und jetzt stehe ich mitten auf dem Kiez, wo es sündiger nicht sein könnte. Neben der Davidwache faszniert mich noch was ganz anderes: Ein Schuhladen mit extravaganten Modellen.
Vier Halts später fahren wir über den Jungfernstieg in die Esplanade hinein. In den Colonnaden werden wir Opfer von Schaulustigen und ihren Fotoapparaten. Es ist ein Showeinlauf der edlen Gefährte und auch die Fahrer scheinen ihren Auftritt zu genießen. Die rund 40 Oldtimer wirken in dieser schönen Kulisse auch besonders stilvoll.
Nach einer kurzen Stärkung geht es weiter, immernoch wartet eine ziemlich große Etappe auf uns. Wir fahren entlang der Binnenalster, vorbei am Atlantic Kempinski über die Außenalster, wo Segelboote friedlich ihre Runden ziehen. Plötzlich erschrecken wir beim Blick auf die Benzinanzeige, hatte man uns nicht gesagt, der Tank wäre voll? Wieso ist die Nadel jetzt am Nullpunkt? Wie weit haben wir es noch zum Ziel? vor lauter Schreck haben wir wieder eine Abzweigung verpasst und nebenbei lässt Max auch noch Dampf ab in Form von stechendem Benzingeruch. Wir verständigen irgendjemand per Handy, dass wir dringend Benzin brauchen und schaffen es noch bis zum nächsten Ettappenziel, dem Ohlsdorfer Friedhof. Der Friedhof ist mehr ein Park als eine Trauerstätte, worüber ich ganz froh bin, denn Friedhöfe gehören nicht auf meine Sightseeingliste. Mit 391 Hektar ist er sogar der größte Parkfriedhof der Welt, rießige alte Bäume und Rhododendrenbüsche sorgen für die friedliche Ruhe eines solchen Ortes. Natürlich fanden auch berühmte Persönlichkeiten hier ihre letzte Ruhe. Der Friedhof ist so rießig, dass ich kein einziges Grab sehe, man fährt und fährt und ist immer noch auf dem Friedhof.
Schließlich kommt auch jemand vom Organisationsteam mit einem Benzinkanister für Max. Der Geruch, sei völlig normal für ein Fahrzeug seines Alters, da müsse man sich nix bei denken, meint der Fahrer des edlen Mercedes-Cabrios, Baujahr 1957, vor uns. Naja, mit alten Herren habe ich bisher nicht so viel Erfahrung gesammelt, sage ich. Rührend wie sich alle um uns kümmern, so ist das vielleicht unter Oldtimer-Freunden.

Nicole am Start bei einer Oldtimer-Ralleye durch Hamburg. Der 52-jährige VW Käfer Max und ich, ein Dreamteam?
Endlich haben wir am Abend, irgendwo bei Streckenkilometer 80, das Ziel erreicht. Im Gut Karlshöhe, findet bei einer ordentlichen Grillparty auch die Siegerehrung statt. Der alte VW Käfer Max und ich, wir sind kein Dreamteam, dennoch haben wir uns mit einem Trostpreis gegen ortskundige Fahrer mit Navi ganz gut geschlagen.
Fazit: Meine erste Oldtimer-Rallye war ein ganz besonderes Erlebnis, um eine Stadt mal auf eine andere Art und Weise kennenzulernen.
Die Oldtimer-Rallye wird jährlich vom Hotel Baseler Hof veranstaltet. Zugelassen sind Fahrzeuge mit einem Baujahr bis 1969. Ich wurde zu diesem Event vom Hotel eingeladen, meine Ansichten sind davon unberührt.
Ah, wie cool! Mein Traum ist es ja, mal einen alten Käfer zu besitzen! Wir haben einen Bulli, der auch ein H-Kennzeichen hat. Er ist aber „erst“ knapp über 30.
Liebe Grüße
Jessi
Der Bulli ist doch auch schon Kult! Ja, Käfer mag ich eigentlich auch total gerne, meine Mutter hatte mal einen, deswegen erinnern die mich immer an meine Kindheit:-) Alte Autos sind schon was Schönes!
LG Nicole
Tolle Geschichte. Nur der vorletzte Satz irritiert mich ein wenig. Meintest Du wirklich, dass die Fahrzeuge nicht älteren Baujahres als 1969 sein dürfen? Oder ist vielmehr richtig, dass die Fahrzeuge älter sein müssen und demnach VOR 1969 gebaut wurden…
Danke, Ingo, da hast du recht. Ist mir gar nicht aufgefallen, es müsste heißen „mit einem Baujahr bis 1969“.
Oh cool!
Eine Oldtimer-Rallye habe ich noch nicht auf meiner Liste. Aber das wäre sicher auch mal eine nette Idee für mich. Mein zweite Auto war ein 1er Golf Cabrio, Baujahr 1988. Leider hat uns der TÜV getrennt, ansonsten hätte der sicher auch bald ein H-Kennzeichen gehabt.
Wobei ich mit diesen gemütlichen Ausfahrten nicht ganz so glücklich wäre. Natürlich ist das Fahren im Cabrio über Landstraßen eine tolle Sache, aber wo bleibt denn dort die Herausforderung :] Ich bin heimlich großer Fan der Paris-Dakar-Rallye bei der quer durch wüstenähnliche Gebiete ohne festen Straßen navigiert werden muss. Nebenbei brauchen die Fahrer unglaublich gute Kenntnisse von ihren Autos, da sie alle Defekte oder eingesunkene Räder hunderte Kilometer vom Ziel entfernt selbst beheben müssen. Großartige Leistungen.
Hi Phil,
ich finde jede Art von Rallye toll, weil es darum immer um eine sportliche Herausforderung geht. Die Paris-Dakar ist natürlich eine absolute Faszination – Autos-Sport-Wüstenlandschaft (siehe mein erwähnter Sahara-Film;-)) allerdings glaube ich, das kann man nicht mit Oldtimern machen. Bei so einer Oldtimer-Rallye geht es mehr um das Schätzelein Oldtimer und die damit verbundene Leidenschaft.
Schade, dass dein Golf Cabrio nicht überlebt hat, das war doch auch ein absolutes Kult-Auto! 🙂
… mhm … beim Lesen deines Beitrages und vor allem deines Kommentars komme ich mir mittlerweile auch verdammt mies vor. Damals war es echt Hiobs-Botschaften vom Tüv wie „Benzinleitung & Tank durchgerostet“ bei denen ich einfach keine Hoffnung mehr gesehen habe. Noch dazu habe ich damals mit dem Studium angefangen und brauchte kein Auto mehr.
Ich denken heute würde ich dort ganz anders drüber denken, zumal ich bei ebay neue Tanks und Spritleitungen für räsonable Preise gesehen habe. Irgendwie fühle ich mich jetzt doch ziemlich mies, das arme Auto nicht mehr gerettet zu haben.
Immerhin habe ich es damals „nur“ verkauft und nicht verschrottet, aber trotzdem :/
oh jeh! Nicht mies fühlen, Phil! Wer weiß, vielleicht kommt mal wieder ein Auto und die Leidenschaft es zu retten… Ein Händchen fürs Tüffteln hast du ja! 🙂
Hallo,
wirklich sehr schöne Autos! Ganz tolle Bilder. Habe den Artikel wirklich mit großem Vergnügen gelesen.
Liebe Grüße
Stefanie
vielen Dank, Stefanie, das freut mich:-)
Hi Nicole,
so eine Oldtimmerralley, die hat schon was. Wenn auch die heutigen Autos technisch überlegener, sicherer und weitaus bequemer sind, schöner sind die alten. Und das bischen Rückenschmerzen nehm ich für eine Fahrt im 356 Porsche gerne hin.
Grüße vom Bodensee
Udo
Hallo Udo,
das stimmt, sicher sind die alten Autos nicht so sehr… der Sicherheitsgurt im Käfer wurde um den Bauch geschnallt und hat bei Weitem nicht gepasst und im Stadtverkehr, dachte ich auch manchmal ups, passieren darf da nix… aber es geht beim Oldtimerfahren einfach um was ganz anderes: Um das Fahrgefühl mit den alten Wagen und das ist und bleibt einfach etwas ganz Besonderes!
LG